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Von Winnica Margaret ins Glas: Ein Gespräch mit Michał Przytuła

Text von: J. Patterson

Was mal als Familienhaus gedacht war, ist heute ein aufstrebender Stern am Himmel des polnischen Schaumweins. Wir haben mit dem Winzer von Winnica Margaret gequatscht, um die Geschichte hinter dem Etikett zu erfahren.

Kurz bevor der Eventwahnsinn losgeht – wenn überall die Korken knallen und mehr Gläser und Champagnertürme gefüllt werden, als man zählen kann – hatten wir einen Gedanken: Warum nicht einfach mal den Typen interviewen, der hinter den besten Bläschen der Gegend steckt (und vielleicht sogar mit den besten der Welt mithalten kann)? Und nein, das ist nicht nur der Wein, der da spricht. In der Winnica Margaret macht Michał Przytuła frische, elegante Schaumweine – mit viel Neugier, Sorgfalt und ganz ohne Getue. Wir haben uns mit ihm zusammengesetzt, um über Bläschen, Boden und den Anfang von allem zu quatschen.

Kleiner Hinweis: In dieser Story geht’s um Wein und Weinmachen – also bitte nur lesen (und trinken), wenn du 18+ bist.

Bläschen. Bläschen. Bläschen.

Versteckt in Polens führender – und trotzdem ziemlich unentdeckter – Weinregion rund um Zielona Góra liegt die Winnica Margaret: ein Ort, geprägt von Neugier, Feingefühl und echtem Handwerk. Der Weg von Michał Przytuła – vom Squash-Trainer zum Produzenten von Schaumwein (und zwar einem richtig guten) – ist zu einer Geschichte über Familie, Boden und sprudelnde Ideen geworden.

Vor fast zehn Jahren fing alles als Familienprojekt an. Michałs Mutter kaufte das Grundstück, eigentlich mit dem Plan, dort ein Haus zu bauen. Alte Unterlagen deuteten aber darauf hin, dass hier früher mal Weinreben standen. Und gerade zu dieser Zeit fing auch Polens Weinszene an, richtig Fahrt aufzunehmen – vor allem, was die Liebe zur méthode traditionnelle betrifft. Mit dabei: Guillaume Dubois aus der Champagne und andere Winzer, die die Wurzeln der Region neu entdeckten. Das hat Michał inspiriert – genauso wie die Tatsache, dass die Region auf fast tausend Jahre Weinbau zurückblickt (ja, wirklich). Also pflanzte er eigene Reben. Seine Mutter Małgorzata – auf Englisch: Margaret – machte mit. Auch wenn das bedeutete, ihren Hausbau-Plan an den Nagel zu hängen.

Die erste Ernte kam 2019/2020. Ein neues Kapitel begann – tief verwurzelt in Tradition, geformt durch moderne Ideen, und getragen von einer ordentlichen Portion Inspiration (und Einsatz) von Michał.

Heute konzentriert sich die Winnica Margaret auf Rebsorten, die das kühle Klima lieben: Riesling, Chardonnay und ein Hauch Pinot Noir. Perfekt für die schweren Lehmböden von Zielona Góra – und für klassische Flaschengärung. Michał macht fast ausschließlich Schaumweine. Klar, präzise, elegant – mit viel Säure, feiner Mineralität und Charakter. Sein Ansatz: so wenig Eingriff wie möglich, so viel Respekt für das Land wie nötig. Und genau das macht seine Weine zu etwas Besonderem – mitten in Polens junger, dynamischer Weinszene.

Unser Fazit? Ein Weingut, das man im Blick behalten sollte. Und unserer Meinung nach: einer der besten kleinen Schaumwein-Produzenten – nicht nur in Polen, sondern in ganz Nord-Zentraleuropa. So. Jetzt ist es raus.

Also dachten wir uns an einem grauen Frühlingstag: Was könnte besser passen, als mit Michał über Bläschen, Böden und die nächsten Schritte zu plaudern?

Das Interview

Wann hat das Weingut eigentlich angefangen – und wie hat es sich entwickelt?

Michał: Ich hab 2017 mit einem halben Hektar gestartet (also etwas über einen Morgen). Jedes Jahr ist das Weingut ein bisschen gewachsen. Heute sind’s 3,5 Hektar – und noch ein weiterer ist schon in Planung. Wir bauen hauptsächlich klassische Rebsorten für Schaumwein an: Riesling und Chardonnay. Als Test haben wir auch Pinot Noir und ein bisschen Gewürztraminer gepflanzt. Alles wird von Hand gemacht.

"Klassische Rebsorten" meint Trauben, die bekannt dafür sind, langlebige und hochwertige Weine hervorzubringen – oft mit Ursprung in Frankreich oder Deutschland.

Erzähl uns was über das Land.

Michał: Alles beginnt im Weinberg. Unser Standort ist besonders – ein Südhang mit schwerem Lehmboden. Der ist nicht ohne: Im Sommer wird er hart wie Stein, bei Nässe klebrig und blockiert das ganze Gerät. Aber der Aufwand lohnt sich – vor allem, was Mineralität und Struktur angeht. Anspruchsvoll, aber im Glas zahlt sich’s aus. 

Du hast kürzlich erwähnt, dass ihr ab 2025 auf integrierten Anbau umstellt – was genau heißt das?

Michał: Wir sind schon jetzt auf dem Weg zu einem System, das mit weniger Chemie auskommt, den Boden und das Mikrobiom schützt und die Gesundheit der Pflanzen stärkt. Ziel ist, dass unsere Weine noch stärker mit ihrem Herkunftsort verbunden sind.

Integrierter Anbau hat in Europa – besonders in der Schweiz und in Österreich – in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen. Es geht um den Ausgleich zwischen moderner Landwirtschaft und ökologischem Bewusstsein.

Macht ihr auch Stillweine?

Michał: Ab und zu, ja – wir bringen kleine Mengen Stillweine raus. Meistens sind das Kollaborationen oder Sondereditionen. Wir wollen zeigen, dass wir mehr können als nur Bläschen. Aber ehrlich: 97 % unserer Produktion ist Schaumwein – darauf liegt der Fokus.

Ein besonderes Beispiel? Pretekst, ein Stillwein aus Chardonnay mit überraschender Tiefe und Balance. Viele polnische Weine sind eher fruchtig und frisch – aber unser Tonboden verleiht dem Wein eine ganz eigene Mineralität und Struktur. Erinnert eher an manche französische, italienische oder sogar griechische Weine.

Was gibt’s Neues im Keller?

Michał: Ab dem nächsten Jahrgang gehen wir noch mehr in Richtung Natürlichkeit – also unfiltrierte Weine, knochentrocken wie Extra Brut (wenig Zucker) oder Brut Nature (ganz ohne Zucker), teilweise mit malolaktischer Gärung oder einem Hauch Holzfass.

Die Inspiration kam von einer Reise in die Champagne – ich hab dort Hunderte Weine von Top-Winzern probiert. Das hat meinen Blick verändert. Seitdem denke ich anders über Wein – irgendwie freier.

"Extra brut" oder "zero dosage" heißen Schaumweine mit wenig oder keinem zugesetzten Zucker – klar im Geschmack, mit Ecken und Kanten, aber sehr elegant.

Malolaktische Gärung macht den Wein weicher, runder – ein bisschen cremiger im Gefühl.

Brut Nature gilt als ziemlich tricky. Warum macht ihr ihn trotzdem?

Michał: Brut Nature ist nur ein kleiner Teil unserer Produktion – extrem trocken, ohne Zuckerzusatz. Aber der Stil hat Fans – und wir machen ihn für genau diese Leute.

Und wir zählen uns dazu. Dieser Wein ist richtig gut – knochentrocken, perfekt ausbalanciert, aber ganz ohne diese extreme Säure, die bei Brut Nature manchmal nervt. Einfach klar, lebendig, und man kann ihn ewig trinken.

Weiß oder Rot? Was trinkst du lieber?

Michał: Ganz klar: Weißwein. Wobei das schon von der Jahreszeit abhängt – im Sommer eher weiß, im Winter gerne auch mal ein Roter. Ich liebe neue Geschmäcker, und Rotweine entwickeln sich spannend über Zeit. Aber was die Produktion angeht – in Polen ist es definitiv einfacher, gute Weißweine zu machen. Deshalb gehen wir bei Winnica Margaret auch in diese Richtung.

Wir sind Foodies – also müssen wir fragen: Hast du eine Lieblingsküche oder ein Lieblingspaarungskonzept?

Michał: Nicht direkt. Aber italienisches Essen geht einfach immer. Und ich mag auch die traditionelle polnische Küche – da gibt’s viele Möglichkeiten, Wein einzubinden. Leute fragen mich oft, was man zu Schaumwein servieren soll. Und die Antwort ist: Viel mehr als man denkt.

Also los – was passt am besten zu Schaumwein?

Michał: Der passt super zu Tempura, weichem und hartem Käse, knusprigen Snacks oder einfachen Gerichten mit saisonalem Gemüse. Auch zu Brathähnchen, Fisch, Risotto oder Gegrilltem funktioniert’s toll.

Ich mag auch ausgefallene Kombinationen – wie Popcorn mit Trüffelöl und Schaumwein. Mein kleines Guilty Pleasure. Oder ein klassisches polnisches Schweinekotelett mit Kohl und gut gekühltem Brut. Ernsthaft – probier das mal.

Schaumwein ist total vielseitig, macht sich gut beim schicken Dinner oder beim lockeren Abend mit Freunden. Vielleicht hat’s mich genau deshalb so erwischt.

Warum das so gut funktioniert: Die Säure und die Bläschen schneiden durch Fett und Salz wie ein Spritzer Zitrone – macht jeden Bissen wieder frisch.

Was hat dich zuletzt inspiriert?

Michał: Envínate Benje Blanco 2022 von Teneriffa. Der Wein kommt von vulkanischem Boden, hat eine tolle Mineralität und ein reifes, aber frisches Aromenspiel. Magisch. Ich liebe Weine, die wirklich erzählen, woher sie kommen – und dieser war genau so einer.

Falls du dich fragst: "Mineralität" beschreibt Aromen oder Eindrücke, die an Stein, Kreide oder Meeresluft erinnern – oft typisch für Weine aus mineralischen oder vulkanischen Böden.

Was haben Squash und Wein gemeinsam?

Michał: Ich bin immer noch als Squash-Trainer aktiv – das hat sich nicht geändert. Wein ist meine zweite Leidenschaft, und ich widme mich ihr voll. Und ehrlich: Es gibt Parallelen. In beiden Bereichen musst du Entscheidungen treffen, dich anpassen, Lösungen finden. In der Sporthalle wie im Weinberg – wer nicht rechtzeitig reagiert, verliert.

Woher kommt der Name “Margaret”?

Michał: Das Weingut ist nach meiner Mutter benannt – Małgorzata, auf Englisch Margaret. Sie war eine der wenigen, die von Anfang an an das Projekt geglaubt haben. Und sie hilft mir heute noch – sogar im Weinberg. Sie ist einfach eine gute Mutter – und dafür verdient sie, dass ihr Name auf der Flasche steht.

Wird man das Weingut bald besuchen können?

Michał: Ja, auf jeden Fall. Wir bauen gerade ein Haus auf dem Gelände – damit wir bald Weintouristen empfangen können. Wein schmeckt einfach besser zwischen den Reben. Wenn alles klappt, öffnen wir in zwei, drei Jahren. Im Moment konzentrieren wir uns auf den Ausbau des Weinguts selbst – später wollen wir Tastings, Events und Essen & Wein zusammenbringen. Als echtes Erlebnis.

Für alle, die diese unterschätzte Weinregion erkunden möchten – nur ein Katzensprung vom Schloss entfernt – können wir private Ausflüge für Gruppen von 4 bis 40 organisieren. Ob ein ganzer Tag voller Verkostungen oder ein gezielter Stopp bei Michał: Sag einfach Bescheid.

Was steht als Nächstes an?

Michał: Wir arbeiten weiter an der Qualität und bauen mehr Pinot Noir an – die Sorte hat riesiges Potenzial. Es wird bald auch einen Rosé geben, und wir machen weiter mit klassischem Schaumwein aus Riesling und Chardonnay. Wir sehen, was hier möglich ist – und wir wollen das Beste daraus machen.

Letzte Frage – was wünschst du dir, dass die Leute aus deinen Weinen mitnehmen?

Michał: Dass Winnica Margaret ein Herzensprojekt ist. Entstanden aus Leidenschaft, Arbeit und dem Wunsch, immer besser zu werden. Jede Flasche erzählt ein Stück dieser Reise. Es ist auch die Geschichte eines Ortes, der langsam seinen Platz auf der polnischen Weinkarte findet.

Perfekter Genuss

Neugierig geworden? Egal ob du einen Gruppenaufenthalt planst, eine Hochzeit feierst oder einfach ein gemütliches Wochenende bei uns verbringst – es gibt ein paar richtig leckere Möglichkeiten, Michałs Flaschen (und andere regionale Schätze) zu probieren.

Du wohnst im Schloss?

Mit unserem Stock-the-Pantry-Service kannst du vorab Weine, Bier und Produkte von lokalen Winzern, Brauern und Bauern bestellen – und findest bei Ankunft eine voll ausgestattete Küche mit regionalen Weinen und saisonalen Zutaten vor. Perfekt für Selbstverpflegung oder spontanen Mitternachtssnack.

Du planst ein Event mit Catering?

Dann passt vielleicht eine kleine Self-Serve-Weinbar mit erweiterter Weinauswahl aus der Region – oder frag einfach nach einer feinen Auswahl an méthode traditionnelle-Flaschen von Winnica Margaret. Und wenn du ein paar Nächte bleibst: Wie wär’s mit einem privaten Tasting im Schlosskeller? Kein Ausflug nötig – einfach einschenken, probieren, genießen.

Na zdrowie.

 
 

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